Fotografie von Dora Richter (2)

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Fotografie von Dora Richter (2)
Beschreibung des Objekts
Contentwartung: Misgendering

Schwarz-Weiß-Fotografie von Dora Richter. Sie wurde frontal vor einem neutralen Hintergrund fotografiert und ist vom Kopf bis knapp unterhalb der Hüfte zu sehen. Sie trägt einen hellen Rock und ein Oberteil mit leicht gepufften Ärmeln und möglicherweise einer Schleife am unteren Saum. Auf dem Kopf trägt sie eine Kopfbedeckung. Sie steht aufrecht, ihre Arme hängen locker am Körper herab. Den Kopf hält sie leicht nach links geneigt und sieht direkt in die Kamera.

Kontext:
Dora Richter (1892–1966), genant Dorchen, gehörte zu den Patient*innen und Hausangestellten des Instituts für Sexualwissenschaft und war die erste namentlich bekannte Person, die sich 1931 geschlechtsangleichenden Operationen unterzog. Über Dora Richter ist in „Gesetze der Liebe“ zu lesen: „Ein Gegenstück [zur zuvor geschilderten „männlichen Frau“; E.P.A.] ist der feminine Mann, der beispielsweise bald als Kellner lebt, bald als Hausmädchen mit weiblichen Handarbeiten beschäftigt ist.“ (Hirschfeld/Beck: Gesetze der Liebe, S. 27)

Die Publikation „Gesetze der Liebe“, aus der diese Abbildung stammt, erschien in Ergänzung des gleichnamigen Dokumentar- und Spielfilms des Sexualwissenschaftlers und Sexualreformers Magnus Hirschfeld. Nach mehrfachen Streitigkeiten innerhalb der Zensurbehörde wurde der Film 1927 in Berlin uraufgeführt. Er beschäftigt sich zunächst mit Fortpflanzung, Schwangerschaft, Geburt und der Aufzucht von Neugeborenen, bevor er sich schließlich sexuellen Minderheiten zuwendet. Hirschfeld setze sich mit dem Film u. a. für die Abschaffung von § 175 ein, wonach mannmännliche sexuelle Beziehungen in Deutschland und vielen anderen Ländern unter Strafe standen. Die deutschen Filmkopien wurden später von den Nationalsozialisten zerstört.

Dora Richter taucht in diesem Zusammenhang vermutlich als Beispiel einer sog. „Zwischenstufe“ auf. Sehr verkürzt gesagt, beschreibt das Konzept der von Hirschfeld entwickelten „Zwischenstufen“ die Tatsache, dass jedes Individuum sowohl „männlich“ als auch „weiblich“ ausgeprägte Eigenschaften vereint, die einen oder mehrere der vier Bereiche betreffen können: 1. die Geschlechtsorgane, 2. sonstige körperliche Eigenschaften, 3. den Geschlechtstrieb und/oder 4. sonstige seelische Eigenschaften.

Mit dieser Theorie öffnete Hirschfeld bereits 1907 das gängige Konzept des biologisch-genitalen Geschlechts für Aspekte, die u.a. auf der erlebten Identität der Individuen beruhten. Damit ebnete die „Zwischenstufentheorie”, die „während der Institutszeit die wissenschaftliche Leitidee für die meisten Mitarbeiter“ blieb, den Weg für das Verständnis von sexueller Vielfalt und Variabilität. (vgl. Herrn, Rainer (2022): Der Liebe und dem Leid, Suhrkamp, S. 31). Einher gingen damit auch eine Entpathologisierung und Entkriminalisierung des vermeintlich Abweichenden, von Menschen also, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm standen.
Mitwirkende*r
Magnus Hirschfeld
Abgebildete Person(en)
Dora Richter
Datierung
Ort
Berlin
Sprache
de
Nutzungsrechte Metadaten
CC0
Nutzungsrechte Digitalisat
Public Domain Mark
Gefördert durch
Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin

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