
Was ist QueerSearch?
QueerSearch ist der Prototyp einer digitalen Rechercheplattform, die Daten und Sammlungsobjekte zu queerer Geschichte aus verschiedenen Archiven und Sammlungen zusammenführt.
Die Geschichte der LSBTIQ*-Bewegungen und queerer Kultur hat in den letzten Jahrzehnten zunehmend Aufmerksamkeit in der Erinnerungskultur und akademischen Forschung erhalten. Die Materialien, die diese Geschichte dokumentieren, werden oft von unabhängigen, meist ehrenamtlich geführten Archiven und Forschungsinstitutionen bewahrt.
QueerSearch trägt dazu bei, diese Bestände für zukünftige Generationen zu sichern und die Forschung zu erleichtern. Damit werden diese wertvollen Informationen sichtbarer und besser zugänglich, um Forschenden, Interessierten und Kulturinstitutionen neue Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit queerer Geschichte zu bieten.
Aus der Vernetzungsarbeit queerer Bewegungsarchive, die sich zu einem Dachverband QueerSearch. Dachverband deutschsprachiger queerer Archive, Bibliotheken und Sammlungen e.V. zusammengeschlossen haben, ist die Idee zu einer solchen Plattform entstanden. Der Prototype Fund fördert die initale Entwicklung und Umsetzung.
Wie kann ich QueerSearch nutzen?
QueerSearch ermöglicht eine übergreifende Recherche über verschiedene Institutionen hinweg. Queere Geschichte, Kunst und Kultur und Forschung darüber sind deshalb leichter auffindbar.
QueerSearch bietet:
- eine Stichwortsuche, die mit verschiedenen Filtern kombiniert werden kann,
- einen Schlagwortindex,
- verlinkte Ressourcen: Einträge einer Person oder Organisation beinhalten alle anderen Objekte innerhalb von QueerSearch zu dieser Person oder Organisation.
Die bereitgestellten Erfassungsdaten, also die beschreibenden Metadaten, stehen unter der Lizenz Creative Commons Zero (CC0). Sie sind frei von rechtlichen Beschränkungen und können uneingeschränkt genutzt werden. Bei den digitalisierten Objekten gibt es jedoch Einschränkungen der Nutzungsrechte. Diese sind entsprechend gekennzeichnet, etwa mit CC BY oder Public Domain Mark.
Woher kommen die Daten?
Neun Institutionen, die Mitglied im Dachverband Queersearch e.V. sind, haben Auszüge ihrer digitalen Erfassungsdaten für dieses Projekt gespendet. Insgesamt kamen rund 25.000 Objekte zusammen, aus deren Urheber*innen, Herausgeber*innen, Verlagen, Mitarbeiter*innen, Übersetzer*innen oder abgebildeten Personen sich 17.000 Entitäten ergaben. QueerSearch aggregiert diese Metadaten und verweist wenn möglich mit Links auf Digitalisate.
Welche Rolle spielen verlinkte Daten?
Der beste Weg, um Daten und ihre Zusammenhänge und Bedeutungen für Menschen und Maschinen gleichermaßen interpretierbar zu veröffentlichen, sind verlinkte, offene Daten (Linked Open Data, kurz: LOD). Der QueerSearch-Prototyp setzt auf zwei Weisen auf verlinkte Daten:
- Die Bestände werden durch Personen und Organisationen untereinander verknüpft.
- Personen und Organisationen werden - sofern möglich - mit deren Wikidata-Einträgen verbunden. Dadurch können Nutzer*innen direkt auf weiterführende Artikel zugreifen, die historische und biografische Hintergründe liefern.
So können Nutzer*innen direkt auf weiterführende Artikel zugreifen, die historische und biografische Hintergründe beleuchten. Wikidata ist die größte offene Wissensdatenbank mit aktuell mehr als 115 Millionen Objekten (Stand Februar 2025), dient dabei als zentrales Bindeglied zu externen Datenquellen. Zu jedem Objekt sind meistens nicht nur die Informationen hinterlegt, sondern auch Identifikatoren in andere Datenbanken. Jeder einzelne dieser Identifier ist ein Schlüssel in einen anderen Datensatz.
Insgesamt konnten wir ein Drittel aller Personen und Organisationen eine Wikidata-ID zuweisen. Diese ID ermöglicht es, Informationen wie Pseudonyme, Beschreibungen oder Bilder aus Wikidata zu exportieren und in QueerSearch zu importieren.
Für zwei Drittel aller Personen und Organisationen war dies jedoch nicht möglich. Mögliche Gründe dafür:
- die Personen oder Organisationen sind nicht in Wikidata hinterlegt,
- Vornamen sind nur mit dem ersten Buchstaben erfasst. Es ist dann nicht möglich, ein Werkzeug wie OpenRefine zu nutzen. Es würden viel zu viele Falsch-Positive-Treffer generiert.
- fehlendes Wissen oder Kapazitäten, um zweifelsfrei zu klären, wer wer ist
Ein entscheidender Punkt ist, dass das Entity-Linking eigentlich bereits in den Institutionen selbst erfolgen muss. Nachträgliches Entity-Linking ist ineffizient und fehleranfällig, insbesondere bei weniger bekannten oder lokalen Personen und Organisationen.
Durch die sofortige Verknüpfung während der Erfassung verbessert die Datenqualität und verhindert den Verlust von Informationen. Das bedeutet jedoch auch, dass Personen, die die Objekte erfassen, in der Lage sein müssen, Wikidata-IDs einzutragen. Dazu braucht es sowohl ganz praktisch entsprechende Felder in der jeweils genutzten Software, als auch das Know-How, um mit Wikidata umgehen zu können.
Welche Software verwendet QueerSearch?
QueerSearch nutzt Omeka S von Digital Scholar, ein Content-Management-System, das für den Einsatz im Bereich des Cultural Heritage ausgelegt ist. Es besteht aus einem Backend, einem Frontend und kann mit Modulen erweitert werden. Es ist damit mit WordPress vergleichbar.
Das Alleinstellungsmerkmal von Omeka S ist, dass es verlinkte offene Daten (LOD) zum Ziel hat und deshalb vorschreibt, etablierte Metadaten-Standards wie Dublin Core und Bibliographic Ontology zu nutzen.
Ein wesentlicher Aspekt von Omeka S ist das Mitdenken der Weiterverwendung von Anfang an. Dies geschieht sowohl über eine Webseite als auch über maschinenlesbare Exporte und eine (JSON-LD-)Schnittstelle. Darüber hinaus ermuntert Omeka S zur Nutzung etablierter Metadaten-Standards wie Dublin Core und bibo, um die Daten konsistent und interoperabel zu halten.
In der praktischen Nutzung stellte sich heraus, dass die Verbindung von Backend und Frontend nicht optimal funktioniert. Während das Backend zur Erfassung recht ausgereift ist, ist die Verbindung zum Frontend abhängig vom verwendeten Theme gelegentlich (zu) komplex.
Wie wurden die Daten modelliert?
QueerSearch nutzt Omeka S, das Metadatenstandards wie Dublin Core (dcterms), Bibliographic Ontology (bibo), Friend of a Friend (foaf) und SKOS integriert. Diese Standards sind grundlegend und einfach, passen jedoch gut zu den niedrigschwelligen Erfassungsdaten der QueerSearch-Institutionen. Die Datenstruktur ist hierarchiearm. Wir unterscheiden nicht zwischen den Sparten Archiv, Bibliothek oder Kunst/musealer Sammlung.
Eine zentrale Rolle in Omeka S spielen Ressource Templates. Durch Ressource Templates definieren wir, welche Metadatenfelder genutzt werden, wie diese heißen (Label) , welche Werte die jeweiligen Felder enthalten sollen, ob sie Pflichtfelder sind und ob sie auf der Webseite sichtbar erscheinen. Ressource Templates haben Auswirkung auf:
- die Art der Erfassung
- den Import
- die Darstellung der Objekte und Sammlungen im Katalog/Frontend.
Spezifische Ressource Templates haben wir entwickelt für:
- bibliothekarische Objekte (Bücher, Zeitschriften),
- archivische Materialien und
- visuelle Materialien (Poster, Fotos, Filme, Kunst)
Die Entwicklung der Ressource Templates passierte in Auseinandersetzung mit den vorliegenden Daten und Vorgaben etablierter Erfassungsstandards als iterativ, zyklischer Prozess. Bis zum Projektende sind immer wieder Anpassungen nötig. Omeka S ermöglicht es, Ressource Templates zu exportieren: Wir haben sie auf Github veröffentlicht.
Ebenfalls auf Github veröffentlicht sind Skripte zur Datentransformation.
Wer finanziert den QueerSearch-Prototyp?
Das Projekt wurde im Rahmen des Prototype Fund gefördert, einem Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), das von der Open Knowledge Foundation Deutschland unterstützt wird. Der Prototype Fund fördert innovative Open-Source-Projekte, die gesellschaftlichen Herausforderungen mit technologischen Lösungen begegnen.
Projektmitglieder waren Katharina Brunner, Esra-Paul Afken und Janika Seitz, der Projektzeitraum von September 2024 bis Februar 2025.

