Fotografie zweier Frauen

Objekt

Objekttyp
Titel des Objekts
Fotografie zweier Frauen
Beschreibung des Objekts
Schwarz-Weiß-Fotografie, die ein Frauenpaar in einem Raum zeigt. Beide sind vom Kopf bis etwa zu den Oberschenkeln zu sehen. Eine sitzt an einem Tisch und hat sich der anderen, die neben ihr steht, zugewendet. Die stehende Frau küsst die rechte Hand der sitzenden, während sie deren linke in ihrer rechten Hand hält. Beide Frauen tragen, vermutlich zum Zweck der Anonymisierung, dunkle Augenbinden. Die am Tisch sitzende Frau trägt ein dunkles Kleid mit kurzen Ärmeln und eine lange Kette am Hals. Sie ist von der Seite zu sehen und lächelt die stehende Frau an. Letztere trägt einen langen hellen Mantel, auch sie ist von der Seite zu sehen und steht leicht vorgebeugt, um die Hand der sitzenden Frau mit den Lippen zu erreichen. Auf dem Tisch befinden sich verschiedene Gegenstände, darunter vermutlich eine Blumenvase. Hinter dem Tisch befindet sich ein Fenster, rechts daneben hängt ein Porträt in einem ovalen Rahmen.

Kontext:
Die Publikation „Gesetze der Liebe“, aus der diese Abbildung stammt, erschien in Ergänzung des gleichnamigen Dokumentar- und Spielfilms des Sexualwissenschaftlers und Sexualreformers Magnus Hirschfeld. Nach mehrfachen Streitigkeiten innerhalb der Zensurbehörde wurde der Film 1927 in Berlin uraufgeführt. Er beschäftigt sich zunächst mit Fortpflanzung, Schwangerschaft, Geburt und der Aufzucht von Neugeborenen, bevor er sich schließlich sexuellen Minderheiten zuwendet. Hirschfeld setze sich mit dem Film u. a. für die Abschaffung von § 175 ein, wonach mannmännliche sexuelle Beziehungen in Deutschland und vielen anderen Ländern unter Strafe standen. Die deutschen Filmkopien wurden später von den Nationalsozialisten zerstört.

Das in der Bildunterschrift als lesbisch markierte Frauenpaar taucht in diesem Zusammenhang vermutlich als Beispiel einer sog. „Zwischenstufe“ auf. Sehr verkürzt gesagt, beschreibt das Konzept der von Hirschfeld entwickelten „Zwischenstufen“ die Tatsache, dass jedes Individuum sowohl „männlich“ als auch „weiblich“ ausgeprägte Eigenschaften vereint, die einen oder mehrere der vier Bereiche betreffen können: 1. die Geschlechtsorgane, 2. sonstige körperliche Eigenschaften, 3. den Geschlechtstrieb und/oder 4. sonstige seelische Eigenschaften.

Mit dieser Theorie öffnete Hirschfeld bereits 1907 das gängige Konzept des biologisch-genitalen Geschlechts für Aspekte, die u.a. auf der erlebten Identität der Individuen beruhten.
Damit ebnete die „Zwischenstufentheorie”, die „während der Institutszeit die wissenschaftliche Leitidee für die meisten Mitarbeiter“ blieb, den Weg für das Verständnis von sexueller Vielfalt und Variabilität. (vgl. Herrn, Rainer (2022): Der Liebe und dem Leid, Suhrkamp, S. 31). Einher gingen damit auch eine Entpathologisierung und Entkriminalisierung des vermeintlich Abweichenden, von Menschen also, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm standen.
Mitwirkende*r
Magnus Hirschfeld
Datierung
Ort
Berlin
Sprache
de
Nutzungsrechte Metadaten
CC0
Nutzungsrechte Digitalisat
Public Domain Mark
Gefördert durch
Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin

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