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Titel des Objekts
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Porträt von Moni Hasbichl
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Beschreibung des Objekts
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Schwarz-Weiß-Fotografie, die eine im Freien vor einem Holzzaun sitzende Person zeigt. Die Person sitzt auf einem Hocker und wurde frontal fotografiert. Sie trägt dunkle Hosen, eine Weste, darunter eine helle Bluse und eine Ganzkörper-Schürze. Im Mundwinkel hat sie eine Pfeife, auf dem Kopf trägt sie eine Zipfelmütze. Beide Hände liegen auf ihren Oberschenkeln. Ihr Blick geht direkt in die Kamera. Im Hintergrund sind außer dem Zaun Büsche, ein Schemel und ein Tisch zu sehen.
Kontext:
In der „Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens“ von 1912 ist zu lesen: „Es handelt sich hier um die 87 jährige Moni Hasbichl, die in Grainbach am Fuß des Hochriß in den bayrischen Alpen lebt. Die Alte bekleidet sich an den Werktagen mit Hose, Weste und Zipfelmütze und liebt es auch, täglich drei bis fünf Pfeifen Tabak zu schmauchen, was sie übrigens ohne Gesundheitsschädigung schon seit ihrer Jugend tut. Auch zeigt sie eine etwas männlich gefärbte Lustigkeit, und es bereitet ihr ein großes Vergnügen, das Schuhplatteln der jungen Burschen mitzumachen. Nur Sonntags, wenn sie sich zum Kirchgang begibt, legt sie Frauenkleidung an.“ (siehe Schönlein, Hermann (Hg.): Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, 1912 (7), Stuttgart, S 217–219)
Das Foto war Teil der Bilderwand „Sexuelle Zwischenstufen“, die für den im August 1913 in London tagenden internationalen medizinischen Kongress angefertigt und dann im Institut für Sexualwissenschaft gezeigt wurde. Der Gründer des Instituts, Magnus Hirschfeld, wollte mit der Bilderwand seine um 1910 vorgelegte „Zwischenstufentheorie“ veranschaulichen und untermauern.
Sehr verkürzt gesagt, beschreibt das Konzept der Zwischenstufen die Tatsache, dass jedes Individuum sowohl „männlich“ als auch „weiblich“ ausgeprägte Eigenschaften vereint, die einen oder mehrere der vier Bereiche betreffen können: 1. die Geschlechtsorgane, 2. sonstige körperliche Eigenschaften, 3. den Geschlechtstrieb und/oder 4. sonstige seelische Eigenschaften.
Mit dieser Theorie öffnete Hirschfeld bereits 1907 das gängige Konzept des biologisch-genitalen Geschlechts für Aspekte, die u.a. auf der erlebten Identität der Individuen beruhten.
Damit ebnete die „Zwischenstufentheorie”, die „während der Institutszeit die wissenschaftliche Leitidee für die meisten Mitarbeiter“ blieb, den Weg für das Verständnis von sexueller Vielfalt und Variabilität. (vgl. Herrn, Rainer (2022): Der Liebe und dem Leid, Suhrkamp, S. 31). Einher gingen damit auch eine Entpathologisierung und Entkriminalisierung des vermeintlich Abweichenden, von Menschen also, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm standen.
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Ort
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Berlin
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Sprache
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de
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Gefördert durch
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Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin