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Titel des Objekts
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Porträtfoto von Dina Alma de Paradeda (1)
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Beschreibung des Objekts
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Contentwarnung: Suizid und Misgendering
Schwarz-Weiß-Fotografie, auf der Dina Alma de Paradeda vor einem retuschierten Hintergrund zu sehen ist. Paradeda ist vom Kopf bis zum Bauch zu sehen, sie trägt vermutlich Brautkleidung, unter dem linken Arm klemmt ein Blumenstrauß, an den Ohren träst sie Ohrschmuck. Sie wurde leicht seitlich fotografiert, ihren Kopf hat sie nach links gedreht, ihr Blick geht nach links oben.
Kontext:
Von Paradeda existierten mindestens zwei Fotografien, die meist zusammen veröffentlicht wurden.
Die auf der Fotografie abgebildete Dina Alma de Paradeda erlangte als „männliche Braut“ tragische Berühmtheit. Nachdem sie sich mit einem Mann verlobt und dieser sie verlassen hatte, entschied sie sich für den Freitod durch die Einnahme von Gift. Bei der daraufhin erfolgten Untersuchung stellte der Arzt ein physiologisch männliches Geschlecht fest. Unzählige Zeitungen berichteten im Dezember 1906 von diesem Vorfall. Auch lieferte das Schicksal von Paradeda vermutlich die Basis für Walter Homanns 1907 erschienenen Roman „Tagebuch einer männlichen Braut“. Auch der Sexualwissenschaftler und Sexualreformer Magnus Hirschfeld beschrieb „den Fall“ in seiner Publikation „Die Transvestiten“ (siehe dort, S. 189–192).
Das Foto war Teil der Bilderwand „Sexuelle Zwischenstufen“, die für den im August 1913 in London tagenden internationalen medizinischen Kongress angefertigt und dann im Institut für Sexualwissenschaft gezeigt wurde. Der Gründer des Instituts, Magnus Hirschfeld, wollte mit der Bilderwand seine um 1910 vorgelegte „Zwischenstufentheorie“ veranschaulichen und untermauern.
Sehr verkürzt gesagt, beschreibt das Konzept der Zwischenstufen die Tatsache, dass jedes Individuum sowohl „männlich“ als auch „weiblich“ ausgeprägte Eigenschaften vereint, die einen oder mehrere der vier Bereiche betreffen können: 1. die Geschlechtsorgane, 2. sonstige körperliche Eigenschaften, 3. den Geschlechtstrieb und/oder 4. sonstige seelische Eigenschaften.
Mit dieser Theorie öffnete Hirschfeld bereits 1907 das gängige Konzept des biologisch-genitalen Geschlechts für Aspekte, die u.a. auf der erlebten Identität der Individuen beruhten.
Damit ebnete die „Zwischenstufentheorie”, die „während der Institutszeit die wissenschaftliche Leitidee für die meisten Mitarbeiter“ blieb, den Weg für das Verständnis von sexueller Vielfalt und Variabilität. (vgl. Herrn, Rainer (2022): Der Liebe und dem Leid, Suhrkamp, S. 31). Einher gingen damit auch eine Entpathologisierung und Entkriminalisierung des vermeintlich Abweichenden, von Menschen also, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm standen.
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Ort
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Berlin
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Sprache
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de
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Gefördert durch
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Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin