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Titel des Objekts
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Fotografie, die J. O. in Damenkleidung zeigt (4)
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Beschreibung des Objekts
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Schwarz-Weiß-Fotografie einer Person, die in einem Raum vor einem neutralen Hintergrund steht. Sie ist vom Kopf bis zu den Füßen zu sehen, wurde leicht seitlich fotografiert und hält beide Hände hinter dem Rücken. Die Person trägt einen bodenlangen dunklen Rock, eine helle Bluse und einen mit Blumen besetzten Hut auf dem Kopf. Ihren Kopf hat sie leicht nach links gedreht und blickt direkt in die Kamera.
Kontext:
Bei J. O. handelt es sich um eine im damaligen Sprachgebrauch als „Transvestit“ bezeichnete Person, die der Sexualwissenschaftler und Sexualreformer Magnus Hirschfeld in seiner Publikation „Die Transvestiten“ als „Fall XIII“ beschrieb (Hirschfeld, Magnus (1925): Die Transvestiten. Eine Untersuchung über den erotischen Verkleidungstrieb mit umfangreichem casuistischen und historischen Material, Verlag „Wahrheit“ Ferdinand Spohr, S. 100–115).
Michael Taylor hat in seinem Aufsatz „Visual Medical Rhetorics of Transgender Histories“ festgestellt, dass J. O. zumindest privat als Joanna bekannt war, als O. in San Francisco lebte. Hirschfeld habe O. als John O. bezeichnet, welchen Namen O. in der Öffentlichkeit benutzte, sei ungewiss (vgl. Taylor, Michael Thomas (2020): „Visual Medical Rhetorics of Transgender Histories“ in: Bakker, Alex; Herrn, Rainer; Taylor, Michael Thomas; Timm, Annette F. (Hg.): OTHERS OF MY KIND: Transatlantic Transgender Histories, University of Calgary Press, S. 177–217, hier S. 177).
Die Abbildung gehört zu einer Serie aus mindestens vier Fotos, die Hirschfeld vermutlich direkt von O. erhielt. J. O. ist die einzige Person, von der in der Publikation „Der erotische Verkleidungstrieb“ Nacktbilder abgedruckt wurden. Der Medizinhistoriker Rainer Herrn weist in seiner Publikation „Schnittmuster des Geschlechts“ auf die Zusammenstellung und Inszenierung der vier Fotografien hin, wobei Herrn für O. männliche Pronomen wählt:
„Obwohl die rechts übereinander gestellten Fotos von der Körperhaltungen – mit den auf dem Rücken verschränkten Armen – auf einen direkten Vergleich (nackt und bekleidet) angelegt sind, wählte Hirschfeld eine andere Kombination: Dem alten Foto (ca. 1880), das O. als jungen Zeitungsverkäufer zeigt, ordnet er dessen männliche Körperinszenierung »in nudo« – er ist nunmehr 47 Jahre alt – zu. Die Männlichkeit wird durch den kontrastierenden schwarzen Hintergrund und die gleichmäßige Ausleuchtung des Körpers sowie das deutlich sichtbare Geschlecht betont. Dem Foto im »Frauenkostüm« ist die weibliche Körperinszenierung – »als nackter Transvestit« – an die Seite gestellt. Der Eindruck einer gewölbten Brust wird durch das Licht von oben, der runden Hüften durch das Zusammenpressen der Schenkel – um den Penis zu verbergen – hergestellt. Vor dem hellen kontrastarmen Hintergrund erscheint der Körper weicher und damit weiblicher. Sich dennoch der tatsächlichen Unzulänglichkeiten in der Wirkung der »weiblichen« körperlichen Darstellung bewusst, beklagte sich O., dass er »keine besseren Brüste und Hüften hatte«.“ (Herrn, Rainer (2005): Schnittmuster des Geschlechts. Transvestitismus und Transsexualität in der frühen Sexualwissenschaft, Gießen, S. 56f.)
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Ort
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Berlin
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Sprache
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de
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Gefördert durch
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Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin