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Titel des Objekts
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Aktfoto eines sitzenden jungen Mannes (2)
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Beschreibung des Objekts
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Schwarz-Weiß-Fotografie, auf dem ein unbekleideter Mann zu sehen ist, der erhöht auf einer Stoffunterlage, vermutlich vor einem dunklen Vorhang mit aufgedruckten hellen Blumen und Zweigen sitzt. Er wurde von der Seite fotografiert, den Kopf hat er in Richtung der Kamera gedreht, sein Blick geht nach oben links. Seine Hände liegen beide neben seinem Schenkel auf der Unterlage auf der von der Kamera abgewendeten Seite.
Weil heute nicht mehr nachvollzogen werden kann, unter welchen Umständen und zu welchen Bedingungen diese Fotografie einer unbekleideten Person entstanden ist, wird die Abbildung hier nur zum Teil in Klarform gezeigt.
Kontext:
Dieses Bild stammt ursprünglich vermutlich aus dem Kontext der Aktfotografie. Es existiert mindestens eine weitere Variante dieses Fotos, das in sehr vielen Publikationen abgedruckt wurde. Auf dieser anderen Variante wurde die Person freigestellt und vor einem neutralen Hintergrund platziert – möglicherweise um das Foto „medizinischer“ bzw. „neutraler“ aussehen zu lassen.
Der niederländische Sexualwissenschaftler Lucien von Römer nutzte das hier dargestellte Foto in seinem Aufsatz, der die „existierenden Differenzierungen zwischen Vollmann und Vollweib, d. h. die sexuellen Zwischenstufen behandelt.“ (siehe Römer: Vorläufige Mitteilungen, S. 229).
Die „Zwischenstufentheorie“ ist ein Konzept, das auf Magnus Hirschfeld, Sexualwissenschaftler und Sexualreformer, zurückgeht. Sehr verkürzt gesagt, beschreibt das Konzept der Zwischenstufen die Tatsache, dass jedes Individuum sowohl „männlich“ als auch „weiblich“ ausgeprägte Eigenschaften vereint, die einen oder mehrere der vier Bereiche betreffen können: 1. die Geschlechtsorgane, 2. sonstige körperliche Eigenschaften, 3. den Geschlechtstrieb und/oder 4. sonstige seelische Eigenschaften.
Mit dieser Theorie öffnete Hirschfeld bereits 1907 das gängige Konzept des biologisch-genitalen Geschlechts für Aspekte, die u.a. auf der erlebten Identität der Individuen beruhten.
Damit ebnete die „Zwischenstufentheorie”, die „während der Institutszeit die wissenschaftliche Leitidee für die meisten Mitarbeiter“ blieb, den Weg für das Verständnis von sexueller Vielfalt und Variabilität. (vgl. Herrn, Rainer (2022): Der Liebe und dem Leid, Suhrkamp, S. 31). Einher gingen damit auch eine Entpathologisierung und Entkriminalisierung des vermeintlich Abweichenden, von Menschen also, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm standen.
Hirschfeld und andere nutzen ein ähnliches Bild dieses Mannes als Beispiel einer „Gynosphysie“. Damit wurden männliche Körper bezeichnet, die auf dem gedachten Geschlechterkontinuum mehr im „weiblichen“ als im „männlichen“ Spektrum verortet wurden, bzw. als „weiblich“ festgelegte Körpermerkmale aufwiesen. Zuweilen wurde diesen sog. „femininen“ Männern Homosexualität zugeschrieben.
Römer hingegen erstellt in seinem Aufsatz, aus dem das Foto entnommen ist, umfangreiche Tabellen und Bezeichnungen, die er zur Beschreibung der „Zwischenstufen“ neu kreiert. Das Foto illustriert nach Römer die sog. „Deuteromorphie“, wonach nur die Geschlechtsdrüsen dem „männlichen“ oder „weiblichen Typus“ entsprechen, während alle anderen Körperteile dem „anderen Typus“ ähneln (vgl. Römer: Vorläufige Mitteilungen, S. 331f.).
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Ort
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Berlin
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Sprache
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de
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Gefördert durch
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Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin