Abbildung einer Sammlung von Zöpfen des „Zopfabschneiders“ P.

Objekt

Objekttyp
Titel des Objekts
Abbildung einer Sammlung von Zöpfen des „Zopfabschneiders“ P.
Beschreibung des Objekts
Schwarz-Weiß-Fotografie verschiedener, untereinander arrangierter Zöpfe von menschlichen Haaren, die mit einem Gummiband oder einer Schnur zusammengehalten werden. Die Farbe der Haare, ihre Beschaffenheit sowie die Länge sind unterschiedlich. Die Aufnahme erfolgte vermutlich von oben, der Hintergrund, auf dem die Zöpfe arrangiert wurden, ist neutral.

Kontext:
Der Mediziner Georg Back (Pseudonym von Georg Merzbach) berichtet in „Sexuelle Verirrungen des Menschen und der Natur, Teil 1“ über den „Zopfabschneider“ P: „Am Abend des 28. August 1889 wurde P. auf dem Trocadero in Paris in flagranti verhaftet, als er im Gedränge einem jungen Mädchen den Zopf abgeschnitten hatte. Man verhaftete ihn mit dem Zopf in der Hand, eine Schere in der Tasche. Er entschuldigte sich mit momentaner Sinnesverwirrung, unseliger, unbezwinglicher Leidenschaft, gab zu, dass er schon zehnmal Zöpfe abgeschnitten habe, die er daheim in wonnigem Entzücken verwahre. Bei der Haussuchung fand man 65 Zöpfe und Haarflechten, sortiert in Paketen vor.“ (vgl. Back, Georg (1910): Sexuelle Verirrungen des Menschen und der Natur. Grosses illustriertes Sammelwerk über die krankhaften Erscheinungen des Geschlechtstriebes beim Menschen, das echte und das Schein-Zwittertum und andere rätselhafte Erscheinungen der Natur auf sexuellem Gebiete, Band 1, J. Pohl, S. 190f.) Weitere Fallbeschreibungen finden sich auf den folgenden Seiten derselben Publikation.

P. wird in der Bildunterschrift als sog. Haarfetischist bezeichnet. Nach der Onanie war der Fetischismus eines der ersten sexuellen Phänomene, die die Psychiater des 19. Jahrhunderts interessierten. Fetischismus wurde hier bereits, wie auch später in der Psychoanalyse, auf Assoziationen zurückgeführt. Der Sexualwissenschaftler und Sexualreformer Magnus Hirschfeld verwirft diese Theorie und entwickelt eine eigene, die konsequent von dem sexualbiologischen Ansatz ausgeht.

Sexuelle Anziehung geht nach Hirschfeld nicht von der gesamten Person aus, sondern von bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen. Er spricht deshalb von „Teilanziehung“ oder „partieller Attraktion“. „Die Zahl der Fetische ist unbegrenzt groß. Von Kopf bis Fuß gibt es kein Fleckchen am Körper, und von der Kopfbedeckung bis zur Fußbekleidung kein Fältchen im Gewand, von dem nicht eine fetischistische Reizwirkung ausgehen könnte.“ (Hirschfeld, Magnus (1920): Sexualpathologie. Ein Lehrbuch für Ärzte und Studierende, 3. Teil, A. Marcus & E. Webers Verlag, S. 5) Da die Teilanziehung Grundlage jeder sexuellen Attraktion sei, gebe es gesunde und pathologische Fetischismen. Der gesunde Fetischismus höre dann auf, wenn die Attraktion des Partiellen – sei es Zunge oder Zopf – so überbewertet und von der Person losgelöst werde, dass diese unwichtig sei (siehe ebd.).
Mitwirkende*r
Georg Merzbach
Datierung
Ort
Berlin
Sprache
de
Nutzungsrechte Metadaten
CC0
Nutzungsrechte Digitalisat
Public Domain Mark
Gefördert durch
Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin

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