Abbildung einer von einem sog. „Kältefetischisten“ angefertigte Zeichnung (2)

Objekt

Objekttyp
Titel des Objekts
Abbildung einer von einem sog. „Kältefetischisten“ angefertigte Zeichnung (2)
Beschreibung des Objekts
Schwarz-Weiß-Fotografie einer (vermutlich) Bleistiftzeichnung, die eine Winterlandschaft mit einem zugefrorenen See zeigt. In der rechten Hälfte des Bildes befindet sich von der Seite gezeichnet eine junge Frau mit einer Mütze auf dem Kopf und Schlittschuhen an den Füßen. Sie trägt ein helles kurzes Kleid, das von einem schwarzen Gürtel gehalten wird und eine ihrer nackten Schultern freigibt. Eine Hand hat sie an der Mütze, die andere hinter ihrem wehenden Rock. Die Beinhaltung lässt vermuten, dass sie mit ihren Schlittschuhen über den zugefrorenen See gleitet: Der linke Fuß ist hinter dem rechten und steht auf den Zähnen der Kufen. Im Hintergrund befindet sich ein Holzzaun, ein Baum und Berge sind angedeutet.

Kontext:
Die Zeichnung stammt laut Bildunterschrift von einem sog. „Kältefetischisten“. Das Institut für Sexualwissenschaft beherbergte einige Werke dieser „Kältefetischisten“, die oft sehr ähnliche Motive aufwiesen. Von dem Zeichner existiert vermutlich mindestens eine weitere Zeichnung.

Der Sexualwissenschaftler und Sexualreformer Magnus Hirschfeld veröffentlichte eine sehr ähnliche Zeichnung zusammen mit einem Ausschnitt aus einer Zuschrift des Zeichners. Darin beschreibt dieser seine (sexuelle) Erregung, die er angesichts „abhärtender Kleidung“ bzw. „Kältekleider“ (damit ist Kleidung gemeint, die für die vorherrschenden Temperaturverhältnisse nicht warm genug sind) empfindet. Auch das Eisbaden sei Teil dieses „Interesses“, weshalb Hirschfeld hier von „Kältefetischismus“ spricht (vgl. Hirschfeld, Magnus (1920): Sexualpathologie. Ein Lehrbuch für Ärzte und Studierende, Dritter Teil: Störungen im Sexualstoffwechsel mit besonderer Berücksichtigung der Impotenz, A. Marcus & E. Webers, S. 31).

Nach der Onanie war der Fetischismus eines der ersten sexuellen Phänomene, die die Psychiater des 19. Jahrhunderts interessierten. Fetischismus wurde hier bereits, wie auch später in der Psychoanalyse, auf Assoziationen zurückgeführt. Der Sexualwissenschaftler und Sexualreformer Magnus Hirschfeld verwirft diese Theorie und entwickelt eine eigene, die konsequent von dem sexualbiologischen Ansatz ausgeht.

Sexuelle Anziehung geht nach Hirschfeld nicht von der gesamten Person aus, sondern von bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen. Er spricht deshalb von „Teilanziehung“ oder „partieller Attraktion“. „Die Zahl der Fetische ist unbegrenzt groß. Von Kopf bis Fuß gibt es kein Fleckchen am Körper, und von der Kopfbedeckung bis zur Fußbekleidung kein Fältchen im Gewand, von dem nicht eine fetischistische Reizwirkung ausgehen könnte.“ (Hirschfeld, Magnus (1920): Sexualpathologie. Ein Lehrbuch für Ärzte und Studierende, 3. Teil, A. Marcus & E. Webers Verlag, S. 5) Da die Teilanziehung Grundlage jeder sexuellen Attraktion sei, gebe es gesunde und pathologische Fetischismen. Der gesunde Fetischismus höre dann auf, wenn die Attraktion des Partiellen – sei es Zunge oder Zopf – so überbewertet und von der Person losgelöst werde, dass diese unwichtig sei (siehe ebd.).

Eine Abbildung der Zeichnung hing in einem Ausstellungsraum des Instituts für Sexualwissenschaft zusammen mit anderen Bildern an einer Wand. Dies lässt sich auf der Grundlage einer zeitgenössischen Fotografie des Raums rekonstruieren, der Abbildungen und Objekte sog. „Geschlechtstriebabweichungen“ präsentierte.
Datierung
Ort
Berlin
Sprache
de
Nutzungsrechte Metadaten
CC0
Nutzungsrechte Digitalisat
Public Domain Mark
Gefördert durch
Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin

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