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Titel des Objekts
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Aktfotografie eines jungen Mannes
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Beschreibung des Objekts
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Schwarz-Weiß-Fotografie eines unbekleideten jungen Mannes, der vor einem neutralen Hintergrund steht. Er ist vom Kopf bis etwa zu den Knien sichtbar und wurde leicht seitlich fotografiert. Die rechte Hand ist erhoben, damit hält er eine Blume, die er seitlich an den Hals führt. Die andere Hand liegt am linken Oberschenkel. Den Kopf hat der Mann zur rechten Seite gedreht und schaut geradeaus.
Weil heute nicht mehr nachvollzogen werden kann, unter welchen Umständen und zu welchen Bedingungen diese Fotografie einer unbekleideten Person entstanden ist, wird die Abbildung hier nur zum Teil in Klarform gezeigt.
Kontext:
Das Bild stammt vermutlich aus der Sammlung von Wilhelm von Gloeden (1856–1931), der u. a. Akte sizilianischer junger Männer anfertigte. Der Sexualwissenschaftler und Sexualreformer Magnus Hirschfeld und andere Zeitgenossen aus dem sexualwissenschaftlichen Kontext nutzten dieses Bild als Beispiel einer sog. „Gynosphysie“, worunter das angebliche Vorhandensein eines „weiblichen Beckens“ bei Männern verstanden wurde.
Hirschfeld attestierte der abgebildeten Person darüber hinaus einen „weiblichen Ausdruck in Gesicht und Haltung“ (Hirschfeld, Magnus (1913): Geschlechtsübergänge. Mischungen männlicher und weiblicher Geschlechtscharaktere (Sexuelle Zwischenstufen), Max Spohr, Text vor Tafel XVII). Dies ist im Kontext des von Hirschfeld entwickelten „Zwischenstufenkonzepts“ zu verstehen, das u. a. auch mit Körpermaßen arbeitete. Der „Zwischenstufentheorie“ lag die Annahme zugrunde, dass menschliche Eigenschaften eine männliche oder eine weibliche Ausprägung aufwiesen, die sich messen ließe, darunter auch Körpergröße, Knochen, Schädel, Becken, Gelenke, Muskulatur, aber auch z. B. Mimik und Handschrift.
Allgemein und sehr verkürzt gesagt, beschreibt das Konzept der Zwischenstufen die Tatsache, dass jedes Individuum sowohl „männlich“ als auch „weiblich“ ausgeprägte Eigenschaften vereint, die einen oder mehrere der vier Bereiche betreffen können: 1. die Geschlechtsorgane, 2. sonstige körperliche Eigenschaften, 3. den Geschlechtstrieb und/oder 4. sonstige seelische Eigenschaften.
Mit dieser Theorie öffnete Hirschfeld bereits 1907 das gängige Konzept des biologisch-genitalen Geschlechts für Aspekte, die u.a. auf der erlebten Identität der Individuen beruhten.
Damit ebnete die „Zwischenstufentheorie”, die „während der Institutszeit die wissenschaftliche Leitidee für die meisten Mitarbeiter“ blieb, den Weg für das Verständnis von sexueller Vielfalt und Variabilität. (vgl. Herrn, Rainer (2022): Der Liebe und dem Leid, Suhrkamp, S. 31). Einher gingen damit auch eine Entpathologisierung und Entkriminalisierung des vermeintlich Abweichenden, von Menschen also, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm standen.
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Aufnahmedatum
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1890er Jahre
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Ort
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Taormina
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Berlin
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Sprache
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de
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Gefördert durch
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Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin