Abbildung eines stehenden unbekleideten Mannes

Objekt

Objekttyp
Titel des Objekts
Abbildung eines stehenden unbekleideten Mannes
Beschreibung des Objekts
Schwarz-Weiß-Fotografie eines unbekleideten Mannes. Er ist seitlich vor einem neutralen Hintergrund abgebildet und vom Kopf bis etwa zu den Knien sichtbar. Die Arme hängen locker am Körper herab. Den Kopf hat er leicht zur Seite gedreht. Er blickt geradeaus, links an der Kamera vorbei.

Weil heute nicht mehr nachvollzogen werden kann, unter welchen Umständen und zu welchen Bedingungen diese Fotografie einer unbekleideten Person entstanden ist, wird die Abbildung hier nur zum Teil in Klarform gezeigt.

Kontext:
Die Abbildung der Person wurde in zeitgenössischen Publikationen der Sexualwissenschaft als Beispiel einer sog. „Gynosphysie“, „Gynandrie“ oder „Weibmannheit“ genutzt. Dieses Konzept meint, dass der männliche Körper nicht den – recht eigenwillig gesetzten – Körperstandards entspricht, z. B. was das Verhältnis von „Beckenlinie“ zur „Schulterlinie“ anbelangt. Neben einem angeblich „weiblichen“ Becken wurden dem auf der Fotografie abgebildeten Mann auch ein „weiblicher Gesichtsausdruck“ sowie eine „weibliche Haltung“ attestiert (vgl. Hirschfeld, Magnus (1913): Geschlechtsübergänge. Mischungen männlicher und weiblicher Geschlechtscharaktere (Sexuelle Zwischenstufen), Max Spohr, Text vor Tafel XVII sowie Neugebauer, Franz Ludwig von (1908): Hermaphroditismus beim Menschen, Dr. Werner Klinkhardt, S. 657).

Dies ist im Kontext des von Magnus Hirschfeld, Sexualwissenschaftler und Sexualreformer, entwickelten „Zwischenstufenkonzepts“ zu verstehen, das u. a. auch mit Körpermaßen arbeitete. Der „Zwischenstufentheorie“ lag die Annahme zugrunde, dass menschliche Eigenschaften eine männliche oder eine weibliche Ausprägung aufwiesen, die sich messen ließe, darunter auch Körpergröße, Knochen, Schädel, Becken, Gelenke, Muskulatur, aber auch z. B. Mimik und Handschrift.

Allgemein und sehr verkürzt gesagt, beschreibt das Konzept der Zwischenstufen die Tatsache, dass jedes Individuum sowohl „männlich“ als auch „weiblich“ ausgeprägte Eigenschaften vereint, die einen oder mehrere der vier Bereiche betreffen können: 1. die Geschlechtsorgane, 2. sonstige körperliche Eigenschaften, 3. den Geschlechtstrieb und/oder 4. sonstige seelische Eigenschaften.

Mit dieser Theorie öffnete Hirschfeld bereits 1907 das gängige Konzept des biologisch-genitalen Geschlechts für Aspekte, die u.a. auf der erlebten Identität der Individuen beruhten.
Damit ebnete die „Zwischenstufentheorie”, die „während der Institutszeit die wissenschaftliche Leitidee für die meisten Mitarbeiter“ blieb, den Weg für das Verständnis von sexueller Vielfalt und Variabilität. (vgl. Herrn, Rainer (2022): Der Liebe und dem Leid, Suhrkamp, S. 31). Einher gingen damit auch eine Entpathologisierung und Entkriminalisierung des vermeintlich Abweichenden, von Menschen also, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm standen.
Datierung
Ort
Berlin
Sprache
de
Nutzungsrechte Metadaten
CC0
Nutzungsrechte Digitalisat
Public Domain Mark
Gefördert durch
Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin

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