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Titel des Objekts
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Fotografie von Hedwig
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Beschreibung des Objekts
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Ganzkörperliche Schwarz-Weiß-Fotografie einer jungen Person, die vor einem neutralen Hintergrund fotografiert wurde. Links von ihr im Anschnitt ist ein Sockel aus Stein sichtbar. Die Person trägt ein dunkles Kleid mit Stickereien, das ihr bis über die Knie reicht, dunkle Strümpfe und knöchelhohe Stiefel. Sie ist halb frontal abgebildet, ihre Arme hängen locker am Körper herab, ihr Kopf ist leicht nach oben links gedreht. Um den Hals trägt sie eine Kette mit einem runden oder herzförmigen Anhänger. Der Blick der Person geht nach oben links.
Kontext:
Der Sexualwissenschaftler und Sexualreformer Magnus Hirschfeld beschreibt „den Fall Hedwig“ in seiner Publikation „Sexualpathologie, Teil 1“. Demnach wurde Hedwig im Alter von neun Jahren untersucht und als intergeschlechtlich diagnostiziert. Ihr frühkindlicher Bartwuchs führte Hirschfeld auf „sexuelle Frühreife“ zurück. Hedwig war bei Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen worden (vgl. Hirschfeld, Magnus (1917): Sexualpathologie. Ein Lehrbuch für Ärzte und Studierende. Erster Teil. Geschlechtliche Entwicklungsstörungen mit besonderer Berücksichtigung der Onanie, A. Marcus & E. Webers, S. 74ff.).
Ein Ausschnitt dieses Fotos war Teil der Bilderwand „Sexuelle Zwischenstufen“, die für den im August 1913 in London tagenden internationalen medizinischen Kongress angefertigt und dann im Institut für Sexualwissenschaft gezeigt wurde. Der Gründer des Instituts, Magnus Hirschfeld, wollte mit der Bilderwand seine um 1910 vorgelegte „Zwischenstufentheorie“ veranschaulichen und untermauern.
Sehr verkürzt gesagt, beschreibt das Konzept der Zwischenstufen die Tatsache, dass jedes Individuum sowohl „männlich“ als auch „weiblich“ ausgeprägte Eigenschaften vereint, die einen oder mehrere der vier Bereiche betreffen können: 1. die Geschlechtsorgane, 2. sonstige körperliche Eigenschaften, 3. den Geschlechtstrieb und/oder 4. sonstige seelische Eigenschaften.
Mit dieser Theorie öffnete Hirschfeld bereits 1907 das gängige Konzept des biologisch-genitalen Geschlechts für Aspekte, die u.a. auf der erlebten Identität der Individuen beruhten.
Damit ebnete die „Zwischenstufentheorie”, die „während der Institutszeit die wissenschaftliche Leitidee für die meisten Mitarbeiter“ blieb, den Weg für das Verständnis von sexueller Vielfalt und Variabilität. (vgl. Herrn, Rainer (2022): Der Liebe und dem Leid, Suhrkamp, S. 31). Einher gingen damit auch eine Entpathologisierung und Entkriminalisierung des vermeintlich Abweichenden, von Menschen also, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm standen.
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Ort
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Berlin
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Sprache
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de
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Gefördert durch
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Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin