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Signatur
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Ar 36.140
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Bestandstitel oder Bandtitel
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Nachlass Mary Lang (Mary’s Old Timers Bar, Zürich)
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Umfang des Bestands
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0.70 m
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Enthältvermerk
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Mary Lang [1884-1977] führte zwischen 1935 und 1975 Mary‘s Old Timers Bar an der Augustinergasse 14 in Zürich, einen beliebten Treffpunkt für amerikanische Soldaten im Urlaub und für homosexuelle Männer. Vor der Übernahme der Bar arbeitete Mary Lang bei diversen Gastronomie- und Tourismusbetrieben, u.a. während 20 Jahren im Baur au Lac, Zürich. Mary’s Old Timers Bar war im Stile eines „Speakeasy“ gehalten, ein Lokal-Konzept aus der Prohibitions-Zeit in den USA, welches Diskretion garantierte und sich mehr oder weniger der öffentlichen und staatlichen Kontrolle entzog. Zutritt erhielt (zeitweise) nur, wer ein Codewort nannte und nach einem Blick durch den Spion von Mary oder ihren Bardamen als Gast akzeptiert wurde. Das Konzept übernahm Mary vom Vorbesitzer. Zwischen 1945 und 1949 avancierte die Bar als Treffpunkt für amerikanische Soldaten, denen nach dem zweiten Weltkrieg Urlaub in der Schweiz ermöglicht wurde. Aufgrund von Mund-zu-Mund-Propaganda wurde die Bar zum Ort, den es in Zürich zu besuchen galt. Neben Tausenden GIs sind auch neun Generäle als Gäste erwähnt. Die Bar war mit Stars-and-Stripes-Dekor, einer Flagge der Royal Air Force und Porträts von Roosevelt, Churchill und Kennedy sowie zahlreichen Abzeichen von Soldaten dekoriert. Die überlieferten Gästebücher zeugen von einer zweiten grossen Besucherwelle während des Korea-Krieges 1950-1953. Wann und weshalb sich das Lokal zur Bar für Homosexuelle entwickelte, lässt sich nicht eindeutig eruieren. In der Schweiz herrschte mit der Entkriminalisierung der Homosexualität für Erwachsene ab 20 Jahren im Jahre 1942 de jure eine vergleichsweise liberale Haltung. Mit dem „Kreis“, welche eine gleichnamige Monatszeitschrift veröffentlichte, existierte eine internationale Verbindung schwuler Männer. Mary’s Bar wird von schwulengeschichte.ch als „ältestes Männerlokal Zürichs“ und „sicheres Refugium auch für Homosexuelle“ bewertet. Solchen Treffpunkten kam insofern eine grosse Bedeutung zu, als Homosexuelle trotz der gesetzlichen Grundlage de facto einer gesellschaftlichen Ächtung und behördlichen Repression ausgesetzt waren. In einschlägigen Bars wurden Razzien durchgeführt, vermeintliche Homosexuelle wurden peinlichen Befragungen durch die Sittenpolizei ausgesetzt und es wurde ein „Homo-Register“ geführt. Mary’s Bar war gemäss schwulengeschichte.ch diesbezüglich eine Insel, welche nie von einer Razzia betroffen war. In der Bar selbst herrschte eine gepflegte, diskrete Atmosphäre. Direkte Anmache, Umarmungen oder küssen waren nicht toleriert. Mary’s Bar wurde 1975 auf Bestreben ihres Neffen geschlossen, Mary selbst hatte zu diesem Zeitpunkt im fortgeschrittenen Alter mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Sie verstarb im Juli 1977., Für diesen Bestand ist ein separates, detailliertes Verzeichnis vorhanden: SOZARCH Ar 36.140, Ferner liegt der gesamte Bestand sowohl in analoger wie digitaler Form vor.